Zulassungsstopp: Limitierung von fünf ambulanten Fachgebieten in BS und BL

Vernehmlassung Februar 2025

Mit der Festsetzung von Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich soll das Wachstum der Gesundheitskosten eingedämmt werden.

Anvisiert sind die ambulanten Angebote auf den Fachgebieten Gefässkrankheiten, Handchirurgie, Orthopädie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde sowie plastische Chirurgie, diese, so der Beschluss beider Basel, sollen limitiert werden. Spitäler, Fachverbände, darunter der VSAO Basel und weitere Organisationen der Nordwestschweiz sind von den beiden Gesundheitsdirektionen zu einer Anhörung eingeladen worden, bis Mitte Februar Stellung zu nehmen.

Der Vernehmlassungstext des VSAO Basel macht aufmerksam auf die Risiken, Auswirkungen und die daraus resultierenden Konsequenzen eines solchen Abbaus. Betroffen wäre der gesamten Medizinische Sektor. Hier liest Du unseren Vernehmlassungstext:

Vernehmlassungstext VSAO Basel

Der VSAO Basel bedankt sich für die Möglichkeit sich zur Verordnung über die Zulassung und Höchstzahlen vernehmen zu lassen. Bekanntermassen steht der VSAO Basel der Zulassungsbeschränkung und ihren Folgen kritisch gegenüber.

Insbesondere für die jüngeren und die angehenden Ärzt:innen stellt die Zulassungsbeschränkung eine grosse Herausforderung, wenn nicht gar ein grosses Problem dar. Diese wird sich insgesamt negativ auf die gesamte Berufsgattung auswirken. Sie wird zunehmend junge Menschen vom Medizinstudium abschrecken. In Kombination mit den ohnehin harten Arbeitsbedingungen verliert der Arztberuf immer mehr an Attraktivität.

Schon jetzt zeigt sich, dass in gewissen Fachgebieten wie etwa in der Orthopädie, welche bereits heute in Basel-Stadt eingeschränkt ist, wesentlich weniger Assitenzärzt:innen ausgebildet werden, da man zu recht nicht möchte, dass die jungen Orthopäd:innen am Schluss keine Stelle finden, da alles besetzt ist und keine «Abwanderung» in die Praxis mehr möglich ist. Dies führt letztlich zu einer allgemein schwindenden Attraktivität des Ärzteberufes.

Diverse Rückmeldungen zeigen, dass sich vermehrt junge Ärzt:innen überlegen in die Privatwirtschaft zu wechseln, statt eine klinische Karriere zu verfolgen, welche keine Perspektive auf Weiterentwicklung bietet bzw. zumindest mit der Gefahr, in der Zukunft keine eigene Praxis eröffnen zu können. - Der ausgeprägte Fachkräftemangel ist bereits Realität.

Nach Ansicht des VSAO Basel werden diese Entwicklungen die Situation weiter verschärfen. In diesem Zusammenhang muss denn auch darauf hingewiesen werden, dass die offenbar geplante Überprüfung der Höchstzahlen alle zwei Jahre, die Gefahr beinhaltet, dass gerade für die jüngere Ärzt:innengeneration keinerlei Planungssicherheit mehr besteht, da absolut unklar ist, ob nicht plötzlich das gewählte Fachgebiet eingeschränkt wird.

Dies vor dem Hintergrund, dass sich die eingeschränkten Fachgebiete bei Einführung der Übergangsverordnung im Gegensatz zu jetzt massiv verändert haben.

Die Unsicherheit wie sich das Ganze entwickelt ist dementsprechend gross, zumal sich die vom Obsan ermittelten Zahlen – trotz der jüngsten Anpassungen - in keiner Art und Weise nachvollziehen lassen.

Im Gegenteil: Teilweise muten sie geradezu absurd an, so etwa wenn bei den Kinder- und Jugendpsychiatern in Basel-Stadt eine Überversorgung festgestellt wird, obwohl es fast unmöglich ist, einen Platz für ein Kind bei einem Psychiater zu finden. Dies alles wird dazu führen, dass langfristig Probleme bei der Rekrutierung von Assistenzärzt:innen resultieren werden. Eine ausreichende Anzahl Assistenzärzt:innen ist für die Abdeckung von Nachtschichten und Wochenenddiensten indes zentral.

Davon ausgehend, dass in einem Zeithorizont von ungefähr fünf Jahren diese Probleme auftreten werden, besteht die Gefahr, dass auch die Einhaltung des Arbeitsgesetzes nicht mehr gewährleistet werden kann, da die Stellen in den beschränkten Fachgebieten nicht mehr besetzt werden und in den Spitälern wieder viel mehr Überstunden geleistet werden müssen und die Zeit für Weiterbildung fehlt.

Diese Entwicklung wird zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der Qualität der medizinischen Versorgung durch unsere zukünftigen Fachkräfte führen.

Letztlich ernüchternd ist auch die Tatsache, dass sich die gesamte Arbeitsgruppe in der Beurteilung und Empfehlung in Bezug auf die Sicherstellung und Attraktivität von Weiterbildungen einig war, dass es keine «Lösung» des Problems gibt.

Umso mehr ist eine grosse Skepsis gegenüber einer Zulassungsbeschränkung gegeben.

Insbesondere für den Nachwuchs und deren Weiterbildung stellt die Zulassungsbeschränkung ein immenses Problem dar. Es ist noch in keiner Art und Weise absehbar, welche Auswirkungen die Zulassungsbeschränkung für die künftige Ärztegeneration haben wird.

Zulassungsbeschränkungen können letztlich verheerende Folgen haben, weshalb sich der VSAO Basel grundsätzlich dagegen wehrt. Es wird deshalb auch verlangt, dass in beiden Kantonen die Gesamtsituation betrachtet wird und auch nicht ausseracht gelassen wird, dass die Kantone in Bezug auf die Zulassungsbeschränkung einen grossen Handlungsspielraum haben.

Letztlich sieht die rechtliche Verpflichtung des Bundes nur eine Beschränkung in mindestens einem Fachgebiet vor. Es würde dementsprechend reichen, wenn die Beschränkung nur in einem statt wie jetzt in 6 Fachgebieten geschieht.

Die aktuelle Zulassungsbeschränkung birgt erhebliche langfristige Risiken für das Gesundheitswesen in unserer Region ohne wirkliche Verbesserungsentwicklungen in Aussicht zu stellen. Diese führt nicht nur zu einem verschärften Fachkräftemangel, sondern bedroht auch die Attraktivität des Arztberufs und die Versorgungsqualität. Insbesondere sind folgende negativen Entwicklungen absehbar:

Fazit

  • Keine natürlichen Fluktuationen in den Universitätsspitälern, da keine Möglichkeit in die Praxis zu wechseln
  • Abwanderung von Oberärztinnen und Oberärzten in andere Regionen oder ins Ausland, wo bessere Karriereperspektiven bestehen
  • Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten für Oberärztinnen und Oberärzte
  • Wachsende Unzufriedenheit unter Assistenz- und OberärztInnen durch fehlende Perspektiven und steigende Arbeitsbelastung und fehlende, öffentliche Wertschätzung
  • Der Arztberuf gerät in Verruf, weil schlechte Arbeitsbedingungen und mangelnde Karriereaussichten abschreckend wirken
  • Der Arztberuf gerät in Verruf, weil schlechte Arbeitsbedingungen und mangelnde Karriereaussichten abschreckend wirken
  • Sinkende Versorgungsqualität für die Patientinnen und Patienten, da der Mangel an Fachkräften den Druck auf das bestehende Personal weiter erhöht
  • Fehlende Konkurrenzfähigkeit unseres Spitalstandortes: Solange andere Kantone nicht die gleichen Einschränkungen vorsehen, werden wir in unserer Region immer mehr gute Medizinerinnen und Mediziner verlieren
  • Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für ein Medizinstudium, da die Zulassungsbeschränkungen und die zunehmend unattraktiven Arbeitsbedingungen abschreckend wirken.

Der VSAO Basel fordert vehement eine Überprüfung der Zulassungsregulierung, um langfristige Schäden für das Gesundheitswesen und die medizinische Versorgung zu verhindern.

Spezifische Bemerkungen

§5 Seite 2

Die Berechnung der Höchstzahlen bleibt absolut intransparent. Auch die Erklärungen im Bericht helfen hier nicht weiter, da

die Gewichtungsfaktoren je Fachgebiet nicht bekannt sind. Es bleibt dementsprechend für die jungen Ärzt:innen ein

Pokerspiel, ob die von ihnen gewählte Fachrichtung je eingeschränkt wird oder nicht.

§7 Seite 3

Der Umstand, dass die Praxisinhaber ihren Praxisnachfolger bestimmen können, indem bei der Praxisübernahme von der

zeitlichen Reihenfolge gemäss § 3 Abs. 3 abgewichen werden kann, führt dazu, dass die Praxen zu einem überhöhten

Preis verkauft werden können, da so eine Zulassung «gekauft» werden kann. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass in einem

eingeschränkten Fachgebiet nur noch diejenigen jungen Ärzt:innen eine Chance auf eine eigene Praxis haben, die über

genügend Geld verfügen, was die Motivation überhaupt den Arztberuf zu ergreifen erheblich schmälern kann und eine Ungleichbehandlung darstellt.